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Miraculix und die Druiden in der Epoche des Imperium Romanum

Proseminararbeit im Modul Einführung in die Religionswissenschaft

Die unten angeführte Arbeit stammt von Sabrina Lisa Ruppli und ist eine Proseminararbeit im Modul Einführung in die Religionswissenschaft zum Proseminar Einführung in die Religionswissenschaft für das Herbstsemester 2010, eingereicht am 23. Februar 2011, an der Philosophischen Fakultät der Universität Fribourg/Schweiz. Die Arbeit wurde mit einer "sehr gut" bewertet und freundlicherweise von der Autorin zur Verfügung gestellt. Links sind Anmerkungen der Comedix-Redaktion.

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Beschreibung des Druiden Miraculix
  3. Druiden im Imperium Romanum
    1. Definition Druide
    2. Stellung der Druiden in der keltischen Gesellschaft
    3. Misteln und ihre Wirkung
  4. Vergleich Miraculix mit Druiden
  5. Schlusswort

Einleitung

Wer fühlt sich nicht sofort an den liebenswerten Miraculix aus den Asterix-Comics erinnert, wenn von Druiden die Rede ist? Sofort taucht das Bild einer zaubertrankbrauenden Figur mit langem weissen Bart vor unserem inneren Auge auf und man fühlt sich versucht, dieses Bild auch auf echte Druiden zu übertragen. Doch wie viel historische Wahrheit steckt tatsächlich hinter dem Comic-Druiden? In dieser Arbeit wird die Frage behandelt, inwiefern Miraculix einem Druiden in der Epoche des Imperium Romanum entspricht. Dafür wird einerseits auf die gesellschaftliche Stellung der Druiden in der keltischen Gesellschaft und andererseits auf religiöse Rituale der Druiden eingegangen.

Da die Druiden in der Epoche des römischen Reiches aber keine eigenen schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen haben, ist die Quellenlage eher kritisch, denn wir sind fast vollständig auf die Texte der Griechen und Römer angewiesen. 1 Eine der Hauptquellen ist Caesar selbst, dessen Ausführungen jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen sind, "vor allem dann, wenn er sein politisches Vorgehen [im gallischen Krieg] rechtfertigen will." 2

Beschreibung des Druiden Miraculix

Miraculix ist der weise und ehrwürdige Druide eines kleinen, von Galliern bevölkerten Dorfes. Er ist vor allem bekannt als Hüter des Geheimnisses eines Zaubertranks, welcher den Galliern übermenschliche Kräfte verleiht3 oder als derjenige, der immer auf irgendwelchen Eichen anzutreffen ist, wo er mit seiner Sichel Misteln schneidet.4 Die Zauberkraft, welche diesen Misteln nachgesagt wird, entfaltet sich nach Aussagen Miraculix‘ nur, wenn sie mit einer goldenen Sichel geschnitten werden.5 Werden sie am sechsten Tag nach Vollmond geschnitten, wird ihnen eine besonders starke Zauberkraft zugeschrieben.6 Die Mistel ist ausserdem ein integraler Bestandteil des berühmten Starkmacher-Zaubertranks, dessen Rezept seit grauer Vorzeit von Druide zu Druide weitergegeben wird.7 Im Film "Asterix und Obelix gegen Caesar" erwähnt Miraculix, dass sein ganzes Wissen von seinem Urgrossvater Patriarchix stammt, welcher noch keine 200 Jahre alt ist und zurückgezogen in einer Höhle ausserhalb des gallischen Dorfes lebt.8 Er selbst ist ebenfalls Lehrer und unterrichtet die Kinder des Dorfes.9

Von den Galliern wird Miraculix als Autoritätsperson angesehen. Bei internen Streitigkeiten im Dorf versteht er sich als Schlichter und verweigert als Strafe manchmal den Ausschank seines Zaubertrankes.10 Bei Streitigkeiten mit den Römern steht er zwar auf der Seite der Gallier, beteiligt sich selbst aber nie aktiv an den Prügeleien. Ausserdem kommt ihm ein wichtiger Platz im Dorf-Rat zu und er agiert als Berater des Dorfoberhauptes Majestix.11

Miraculix nimmt regelmässig an den Jahrestreffen der gallischen Druiden im Karnutenwald teil. Dort werden Rezepte und Erfahrungen ausgetauscht und in einem Wettbewerb wird der beste Druide des Jahres bestimmt.12 Er ist bei diesen Wettbewerben äusserst erfolgreich. "Als bester Druide gewinnt er in ‚Asterix bei den Goten‘ den ‚Goldenen Hinkelstein‘, während er in ‚Der Seher‘ den ‚Goldenen Kessel‘ als Prämie erhält und schliesslich im Film ‚Asterix und Obelix gegen Caesar‘ die ‚Goldene Sichel‘."13

Miraculix

Druiden im Imperium Romanum

Im Rahmen dieses Kapitels wird lediglich auf die im Bezug auf Miraculix relevanten Charakteristiken der Druiden eingegangen.

3.1 Definition Druide

Wer die Druiden genau waren und welche Aufgabenbereiche dieses Amt einschloss, darüber sind sich die Historiker bis heute nicht ganz einig. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass "die Druiden […] eine hochgestellte Klasse in der keltischen Gesellschaft [waren]. […] Vereinfacht werden sie gerne als Priester der keltischen Religion dargestellt; ihre Rolle war aber viel umfassender."14 In der keltischen Gesellschaft wurde nicht zwischen Profanem und Sakralem unterschieden, da Kirche und Staat nicht voneinander getrennt waren.15 Dies führte dazu, dass der Aufgabenbereich der Druiden nicht nur religiöse Tätigkeiten (wie beispielsweise die Ausführung von Kulten und Ritualen16) umfasste. Sie scheinen eine Art Dreifach-Identität gehabt zu haben, nämlich als "Priester, Richter und Lehrer."17 Vielen Berichten zufolge waren sie auch eine Art Philosophen.18 Druiden legten die Glaubenslehren aus und vermittelten zwischen der Götter- und der Menschenwelt.19 Das Amt des Druiden war nicht vererbbar, sondern konnte durch intellektuelle Fähigkeiten und Verdienste erworben werden.20

3.2 Stellung der Druiden in der keltischen Gesellschaft

Nach Markale genossen die Druiden in der keltischen Gesellschaft ein hohes Ansehen.21 So wurden sie beispielsweise auch mit der Schlichtung öffentlicher und privater Streitigkeiten betraut22 und Menschen oder Volksstämme, die sich ihnen widersetzten, wurden vom Götterdienst ausgeschlossen, was Caesar in seiner Schrift "De bello gallico" als die wohl höchste Strafe für einen Gallier bezeichnete.23 Alljährlich versammelten sich die Druiden im Land der Carnuten. Caesar beschrieb diese Versammlungen folgendermassen:

"Zu einer bestimmten Jahreszeit tagen sie [die Druiden] an einer heiligen Stätte im Land der Carnuten, das als Mittelpunkt von ganz Gallien gilt. Von allen Seiten kommen dort alle die zusammen, die einen Streitfall auszutragen haben, und unterwerfen sich den Entscheidungen und Urteilen der Druiden." 24

Obgleich dieser Ort als locus consecratus (lat. geweihter Ort25) bezeichnet wird, scheint er nicht nur ein Heiligtum gewesen zu sein. Es muss sich um ein grösseres Gebiet gehandelt haben, denn ein Heiligtum wäre viel zu klein gewesen um die Menschenmassen zu beherbergen, die sich jährlich dort versammelten. Die Versammlungen scheinen hauptsächlich aus juristischen Aktionen bestanden zu haben.26 Ein weiterer wichtiger Grund für diese Zusammenkünfte der Druiden war, "dass man für die Einheitlichkeit der philosophischen und theologischen Lehre sorgen und nach Umsetzungsmöglichkeiten im Bereich der Politik suchen musste."27 Druiden gelten verschiedenen Berichten zufolge als Berater der Könige.28 Der stoische Philosoph Poseidonios (135 – 51 v. Chr.)29 geht sogar noch weiter und beschreibt die Druiden als die wahren Herrscher.30 Dion Chrysostomos vertritt die selbe Meinung indem er die Behauptung aufstellt, Könige dürften ohne die Zustimmung der Druiden "weder handeln, noch eine Entscheidung treffen, so dass in Wirklichkeit sie die Herrscher waren, während die Könige nur wie Diener ihren Willen vollstreckten."31

3.3 Misteln und ihre Wirkung

Die Mistel galt im Druidentum als Heilmittel gegen alle Gifte und hatte die Kraft, unfruchtbaren Tieren ihre Fruchtbarkeit zurückzugeben.32 Nach Angaben Strabons wurden sie jeweils am sechsten Tag nach Neumond von einem Priester in weissem Gewand mit einer goldenen Sichel geschnitten, da ihnen zu diesem Zeitpunkt eine besondere Wirkung zugeschrieben wurde.33 Wahrscheinlich handelte es sich bei den Goldsicheln um vergoldete Sicheln und nicht um Sicheln aus echtem Gold, da Gold viel zu weich ist, um damit schneiden zu können. Unübersehbar ist aber die Mond- und Sonnensymbolik, die bei den Druiden sehr wichtig war: Gold steht für die Sonne, die Sichel für den Mond.34

Vergleich Miraculix mit Druiden

Die jährlichen Versammlungen im Karnutenwald, an denen Miraculix mit grosser Freude teilnimmt, scheinen denjenigen im Land der Carnuten zu entsprechen. Doch abgesehen vom Namen gibt es wenige Ähnlichkeiten. Zwar ist der Karnutenwald auch in den Asterix-Geschichten der Treffpunkt von Druiden aus den verschiedensten Regionen, doch wird er dort als heiliger Ort bezeichnet, zu dem nur Druiden Zutritt haben.35 Caesar behauptet, an der Spitze der Druiden stände derjenige, der bei ihnen das höchste Ansehen geniesse, doch manchmal werde auch mit Waffen um den Vorrang gekämpft.36 Der Wettbewerb zwischen den Druiden könnte somit eventuell als die Wahl des höchsten Druiden interpretiert werden.

Miraculix schlichtet Streitigkeiten im Gegensatz zu den echten Druiden stets vor Ort und nicht im Karnutenwald. Bei den alten Druiden wurden diejenigen, die sich ihnen widersetzten, vom Götterdienst ausgeschlossen, bei Miraculix hingegen wird ihnen der Zaubertrank verweigert. Nach Angaben Caesars in seiner Schrift "De bello gallico" beteiligen sich Druiden nicht am Krieg und sind sowohl vom Kriegsdienst wie auch von allen übrigen Leistungen befreit.37 Auch Miraculix ist nie als aktiver Kämpfer auf dem Schlachtfeld anzutreffen. Er beteiligt sich weder an Dorfraufereien, noch an Kämpfen gegen römische Legionen. Auch der Aspekt der Königsberatung ist in den Asterix-Comics fast eins zu eins wiederzufinden. Miraculix beeinflusst Majestix durch seine wichtige Position im Dorf-Rat bei allen möglichen Entscheidungen.38

Über das Aussehen der Druiden weiss man nicht viel. Die einzige Quelle ist diejenige von Strabon, welche besagt, dass beim Mistelschneiden ein Priester in weissem Gewand auf einen Baum klettert.39 Hier findet sich also noch eine Parallele zu Miraculix. Während Asterix in "Asterix der Gallier" den Misteln am sechsten Tag nach Vollmond eine besondere Zauberkraft zuspricht, ist der beste Tag um Misteln zu schneiden nach historischen Quellen der sechste Tag. nach Neumond. Diese Unstimmigkeit könnte darauf zurückzuführen sein, dass in einigen Quellen vom sechsten Tag des Mondzyklus gesprochen wird.

Im Film "Asterix und Obelix gegen Caesar" wird erwähnt, Miraculix habe sein gesamtes Wissen von seinem Urgrossvater. Auch wenn es im Film nicht explizit erwähnt wird, erweckt dies doch den Anschein, das Amt des Druiden sei vererbbar. Tatsächlich konnte dieses Amt aber von jedem besetzt werden. Was aber stimmt ist, dass die Edelsten des Volkes (wie auch Miraculix‘ Urgrossvater) lange Zeit ihres Lebens in Höhlen oder abgelegenen Bergwäldern verbrachten.40 Auch der Annahme, Druiden seien als Lehrer tätig gewesen wird in den Comics Rechnung getragen, indem Miraculix im Band "Asterix plaudert aus der Schule" als Lehrer der Kinder im Dorf auftritt.

Schlusswort

Abschliessend kann man sagen, dass die Grundzüge der Figur Miraculix durchaus historisch belegt werden können, auch wenn sie in den Comics natürlich in leicht abgeänderter Form wiederzufinden sind. Und doch kann nicht von der Richtigkeit dieser Tatsachen ausgegangen werden, da es in der Druidenforschung bis heute sehr kontroverse Ansichten gibt. Weiterführend wäre es interessant zu betrachten, welche Stellung Religion für die anderen Dorfbewohner hat, da ja in der keltischen Gesellschaft nicht zwischen Sakral und Profan unterschieden wird.

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Vgl. Maier, Bernhard (2009). Die Druiden. München: C.H.Beck, S.10.
2 Markale, Jean (1987): Die Druiden. Augsburg: C. Bertelsmann Verlag GmbH S.11.
3 Vgl. Asterix Lexikon (2009): Die Geheimnisse der Asterix-Figuren. Miraculix. In: http://www.asterix.com/lexikon/protagonisten/miraculix.html# (19.10.2010).
4 Vgl. Goscinny, René / Uderzo, Albert (1970a): Die goldene Sichel. Band 2. Stuttgart: Delta Verlag GmbH, S.6.
5 Vgl. Goscinny, René/ Uderzo, Albert (1970a), S.6.
6 Vgl. Goscinny, René/ Uderzo, Albert (1968): Asterix der Gallier. Band 1. Stuttgart: Delta Verlag GmbH, S.16.
7 Vgl. Goscinny, René/ Uderzo, Albert (1968), S.8.
8 Vgl. Zidi Claude (1999): Asterix und Obelix gegen Caesar. DVD, 106min. Deutschland, Frankreich, Italien.
9 Vgl. Goscinny, René/ Uderzo, Albert (2003): Asterix plaudert aus der Schule. 14 Kurzge-schichten. Berlin: Egmont Ehapa Verlag, S.8.
10 Vgl. Asterix Lexikon (2009) : http://www.asterix.com/lexikon/protagonisten/miraculix.html# (19.10.2010).
11 Vgl. Deutsches Asterix Archiv (2008): Lexikon. Miraculix. In: http://www.comedix.de/lexikon/db/miraculix.php (19.10.2010).
12 Vgl. Goscinny, René / Uderzo, Albert (1970b): Asterix und die Goten. Band 3. Stuttgart: Delta Verlag GmbH, S.5-6.
13 Deutsches Asterix Archiv (2008): Lexikon. Miraculix. In: http://www.comedix.de/lexikon/db/miraculix.php (19.10.2010).
14 Deutsche Enzyklopädie (o.J.): Druide. In: http://www.calsky.com/lexikon/de/txt/d/dr/druide.php (24.10.2010).
15 Vgl. Markale 1987, S.13.
16 Vgl. ebd., S.24.
17 Brunaux 2009, S.332.
18 Vgl. Markale 1987, S.16.
19 Vgl. ebd., S.24.
20 Vgl. ebd., S.25.
21 Vgl. ebd., S.11.
22 Vgl. Maier 2009, S.60.
23 Vgl. Markale 1987, S.11.
24 Caesar zit. n. Markale 1987, S.27.
25 Latein Wörterbuch (o.J.): Übersetzungsmaschine. In: http://www.albertmartin.de/latein/?q=consecra&con=0 (24.10.2010).
26 Vgl. Brunaux 2009, S.261-63.
27 Brunaux 2009, S.263.
28 Markale 1987, S.34.
29 Vgl. Grewe, Christa-Vera (2005): Untersuchung der naturwissenschaftlichen Fragmente des stoischen Philosophen Poseidonios und ihrer Bedeutung für seine Naturphilosophie. Hannover. In:
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=981618405&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=981618405.pdf (23.02.2011).
30 Vgl. Maier 2009, S.60.
31 Markale 1987, S.34.
32 Vgl. Markale 1987, S.40.
33 Vgl. Maier 2009, S.43.
34 Vgl. Markale 1987, S.138
35 Vgl. Goscinny, René / Uderzo, Albert (1970b), S.6.
36 Vgl. Maier 2009, S.61.
37 Vgl. Maier 2009, S.60.
38 Vgl. Deutsches Asterix Archiv (2008): http://www.comedix.de/lexikon/db/miraculix.php (19.10.2010).
39 Vgl. Maier 2009, S.43.
40 Maier 2009, S.51.


 

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