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Ein Uebersetzungsvergleich: Asterix auf hessisch - Asterix auf wienerisch

Vorliegender Text wurde mit freundlicher Genehmigung von Sybille Schneider übernommen.

G l i e d e r u n g

1.0 Einleitung

Die Idee zur vorliegenden Arbeit war es, einfach einmal zu versuchen, zwei Asterix Dialekt-Comics parallel zu lesen, natürlich immer mit dem Standardsprache im Hinterkopf, um dann schließlich Auffälligkeiten festzuhalten und (wenn möglich) auf ein Ergebnis zu bringen. Herausgekommen ist hierbei die vorliegende Arbeit. Es soll versucht werden zu zeigen, wie sich der Wiener oder der Hesse in bestimmten Sprechsituationen ausdrückt, welche Wörter er verwendet, oder vielmehr, welche Wörter er nach der Meinung des Übersetzers verwenden müßte!

Im Zuge der Stoffsammlung kamen dann schnell Unterschiede zwischen den beiden Übersetzungen zum Vorschein, der hessische Asterix erwies sich als der bei weitem komischere von beiden, was natürlich auch die Frage aufwarf, warum er komischer ist.

Da bei der Textbetrachtung sozusagen unvoreingenommen auf Auffälligkeiten geachtet wurde, setzen sich die Vergleichspunkte aus den Bereichen Pragmatik, Lexik, sowie auch Semantik zusammen.

Um es nochmals deutlich zu machen: Da sich der hessische Asterix als wesentlich interessanter erwies, hat die Arbeit eigentlich den hessischen Asterix zum Hauptthema, wobei der wienerische Asterix immer wieder als Vergleich herangezogen wird.

2.0 Inhalt von "Asterix. Der grosse Graben"

Um dem Leser das Verständnis von Namen und Zusammenhängen bei der Soffsammlung zu erleichtern, möchte ich zunächst kurz den Inhalt des Asterix-Bandes wiedergeben.

Die Handlung spielt in einem gallischen Dorf, das durch einen großen Graben in zwei Hälften und Parteien gespalten ist. Häuptling der linken Dorfhälfte ist Griesgramix, der einen Sohn namens Grünix hat. Grobianix ist der Häuptling der rechten Dorfhälfte, er hat eine Tochter namens Grienoline und einen Handlanger mit dem Namen Greulix. Greulix hat nun die Idee, mittels der Römer die Herrschaft über beide Dorfhälften zu erlangen und die Bewohner der linken Hälfte den Römern als Sklaven zu überlassen. Grobianix verweigert allerdings den Sklavenhandel gegenüber den Römern, worauf seine Hälfte von diesen versklavt wird. Mittlerweile sind Asterix, Obelix und Miraculix der linken Dorfhälfte zu Hilfe gekommen, nun müssen sie jedoch der rechten Hälfte beistehen und befreien diese aus dem römischen Lager. Greulix, der seine Pläne nach der alleinigen Herrschaft über das ganze Dorf in Scherben sieht, stachelt nun die Römer mit Hilfe eines gestohlenen Elixiers und des Zaubertranks zum Krieg gegen das Dorf auf. Da sich die Mischung dieser beiden Getränke jedoch als schädlich erweist, geht auch dieser Plan in die Binsen. Als letzten Versuch entführt er Grienoline, um Lösegeld zu erpressen. Nachdem auch dieses natürlich von Asterix & Co vereitelt wurde, werden Grünix und Grienoline neues Häuptlingsehepaar, da ein Zweikampf zwischen Griesgramix und Grobianix unentschieden endet.

3.0 Die Dialekträume des Hessischen und des Wienerischen

Das Hessische gehört zum Dialektgroßraum des Westmitteldeutschen, in diesem selbst gehört es dem Rheinfränkischen an. Das Wienerische dagegen liegt im Dialektgroßraum des Oberdeutschen, davon gehört es zum Bairisch-Österreichischen, davon wiederum zum Mittelbairischen.

Was nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, daß beide Übersetzungen Dialekte wiedergeben, die einem Stadtgebiet zugeordnet werden. Beim Wienerischen erklärt sich das ja von alleine, warum das jedoch im hessischen Asterix-Band ebenso ist, dazu mehr in Punkt 5.2.

4. Ausgewählte Vergleichspunkte

4.1 Namen und Begriffe

Alle altbekannten Namen bleiben in beiden Übersetzungen gleich, einzige Ausnahme ist Verleihnix, der im Wienerischen den Namen Vabuagnix (12/3/2) erhält. Der Zaubertrank heißt auf Hessisch Stöffsche, auf Wienerisch Zaubatrank (15/3/3), das Elixier auf Hessisch Grabba und auf Wienerisch Trankl (24/3/2). Die befestigten Römerlager rund um das gallische Dorf, Laudanum, Babaorum, Aquarium und Kleinbonum werden auf Hessisch zu Labbedrum, Babbadorum, Brimborium und Klaabembelum, auf Wienerisch wird nur Kleinbonum zu Klaabonum verändert (4).

Die Namen im gespaltenen Dorf werden im Hessischen komplett verändert, wie auch der Titel ("Hibbe und Dribbe"): Die linke Dorfhälfte erhält den Namen Hibbdebach, die rechte heißt Dribbdebach, mit den dazugehörigen Häuptlingen Hiwwelix und Driwwelix (5/3/1-2). Der Sohn heißt Herbberd (7/1/1), die Tochter Herdda (7/2/2), aus Greulix wird Ferschterlix (14/2/1). Im Wienerischen wird nur Griesgramix zu Grantschermix (5/3/1) und Greulix zu Grauslix (14/2/1) verändert. Dies als erstes Beispiel für die kreativen Unterschiede der beiden Bände.

4.2 Gesprächseröffnungen

Hier sollen drei unterschiedliche Möglichkeiten von Gesprächseröffnungen gezeigt werden:

Aus "Sei willkommen, Römer!" wird auf hessisch Guude, Römer!, auf wienerisch Habedeehre, Röma! (21/3/1). Das hessische Guude ist jedoch auch als Ei guude (10/2/2) oder Ei guude, wie? (34/2/3) variierbar. Hier sei noch nebenbei erwähnt, daß das Wörtchen Ei eigentlich an fast jeden Satzanfang im Hessischen paßt, so findet man es im hessischen Asterix ständig, eine Auflistung aller Ei würde hier jedoch zu viel unnötigen Platz verschwenden.

Aus einer Gesprächseröffnung, die in der Standardsprache "Hm...tja..." heißt, wird auf Hessisch Horschesemal... und auf Wienerisch Äh...tschuldign scho... (16/3/1).

Aus einer harschen, auffordernden Gesprächseröffnung, die standardsprachlich "Halt! Wer da!" heißt, wird auf Hessisch Moomendemal! Was gehtn ab? und auf Wienerisch Hoit! Wea do? (34/2/3).

Ein anschauliches Beispiel für ein Schlußsignal konnte in keiner der beiden Übersetzungen gefunden werden.

4.3 Geräuschwörter

Hier zunächst einige Beispiele:

Standardsprache

Plumps! (14/1/2)

Grrrrrrr! (20/2/2)

Platsch! (11/3/2)

Tschack! (29/2/3)

Wau! Wau! (40/4)

Kracks! (43/2/1)

Tschack! (43/2/2)

Wienerisch

Plumps!

Wääääh!

Platsch!

Tschack!

Wau! Wau!

Kracks!

Tschack!

Hessisch

Dozz!

Prrrrrrr!

Flatsch!

Badauz!

Gauz! Gauz!

Graggs!

Dschagg!

Wie man sieht, behält das Wienerische alle Geräuschwörter der Standardsprache bei, bis auf eine Ausnahme, statt "Grrrrrrr" steht Wääääääh.

Im Hessischen dagegen werden zum Teil andere Wörter verwendet, die von hessischen Ausdrücken abgeleitet sind, wie zum Beispiel Dozz!. Dozzen ist ein hessisches Wort für "fallen", so heißt es auch an anderer Stelle: Runnergedozzt isser! (10/4/1). Auch im Glossar findet man die "Vokabel"

dozze = fallen. Wörter wie Graggs! oder Dschagg! dagegen sind an die Lautung im hessischen Konsonantismus angepaßt, denn im Hessischen wirkt wie im fränkischen das Phänomen der binnendeutschen Konsonantenschwächung, so steht in den genannten Wörtern "g" statt "k", "d" statt "t" und in Flatsch! "f" statt "p".

4.4 Ausrufe

Als nächster Vergleichspunkt wurden Ausrufe ausgewählt, da hier vor allen Dingen dialekttypische Wortwahl vermutet wurde.

So sagt der Zenturio nach dem Regenerationsgetränk in der Standardsprache: "Aaah! Beim Jupiter! Da fühlt sich jede Zelle frisch!" (31/2/3). Auf Wienerisch heißt dies: Pfiati Gott, Lackerl! Des Tröpferl foat vielleicht ei!. Im Hessischen dagegen: Boah! Des zischt wie Abbelsaft!.

An anderer Stelle entfährt diesem Zenturio ein Ausruf des Schreckens, als er entdeckt, daß er geschrumpft ist (39/4/2): "Ahaaa!". Im Wienerischen ruft er hier Jessasna!, im Hessischen Och Joh!!. Dieses hessische Och Joh!! mag zunächst befremden, doch wenn man weiß, daß einer der Übersetzer Henni Nachtsheim heißt, welcher wiederum ein Mitglied des Kabaretts Badesalz ist und wenn man weiß, daß eine Platte dieses Kabaretts eben "Och Joh!" heißt, dann ist klar, woher dieses Och Joh!! kommt.

Ein Beispiel für einen Ausruf in zorniger Verzweiflung findet man in (16/4/4), als Majestix wie in jedem Asterix-Band obligatorisch von seinem Schild geschmissen wird: "Ich platze!". Im Wienerischen steht hier Mi zreissts!, im Hessischen Isch geh gabudd!. Nebenbei sei hier noch bemerkt, daß man an dem Wörtchen gabudd nochmals deutlich die binnendeutsche Konsonantenschwächung erkennen kann.

4.5 Schimpfen, Fluchen

Das erste Beispiel aus diesem Bereich ist ein "Wahlkampfstreit" der beiden Häuptlinge zu Beginn (8/3). In der Standardsprache hört sich der Dialog so an: Griesgramix: "Ja, wenn ihr wollt, dann können wir das ja sofort hier und heute erledigen, ihr Hungerleider!"

Grobianix: "Von mir aus! Du und deine degenerierte Bande! Euch wird‘ ich’s schon zeigen!".

Im Wienerischen klingt er folgendermaßen:

Grantschermix: Vastehe! A Packl Hauswatschn woits! De kennts eich glei ohoin, es Hungaleida!

Grobianix: Ollaweu! Du und dei hirnmarode Bagasch! Eich geb ma koidwoam wiesas brauchts!

Auf hessisch schließlich:

Hiwwelix: Wenns net anners geht, dann könne mer des aach glei an Ort und Stell erledische, ihr Erbsezähler!

Driwwelix: Ei was dann! Du un dei Lumbeseckel! Eusch werde mers zeische!

Das nächste Beispiel ist vom Kampf zwischen den beiden Häuptlingen am Schluß (44/4/2):

Griesgramix: "Mit nackter Faust und auf freiem Felde! Ich wird‘ dir zeigen, was ein richtiger Häuptling ist, du seniler Greis!"

Grobianix: "Da wirst Du dich schwer täuschen, du verkalkter Veteran!"

Wienerisch:

Grantschermix: Numaria scho amoi deine Baana! I werd da zagn, wos a richtiga Kapo is, du kniawacha Kraudara!

Grobianix: Täusch di ned, hoibhinicha Hiafla!

Auf Hessisch:

Hiwwelix: Mit de nackisch Faust uffm freie Acker. Isch werd der zeische, was en eschte Häuptling is, Jammerlabbe.

Driwwelix: Glei haste dei letzt Bumbesje gelasse, Luschekopp.

Als nächstes Beispiel ein Ausruf von Grünix zu Beginn (14/2/2):

Standardsprache: "Diese ruchlose Renke!"

Wienerisch: A so a odrahda Hund!

Hessisch: Des babbisch Guutsje, des babbische.

Man kann schon jetzt feststellen, daß die Kategorie ‚Schimpfen, Fluchen‘ besonders ergiebig ist, da hier der Übersetzer seine ganze Kenntnis an (zumeist sehr witzigen) Spezialausdrücken anwenden kann. Es wäre an solchen Stellen auch einfach zu langweilig, wenn man einfach den Ausdruck der Standardsprache in die Lautung des jeweiligen Dialekts übertragen würde.

Zum Abschluß dieses Punktes noch ein Beispiel von der Stelle, als Groboanix erfährt, daß Grienoline entführt wurde (41/2/2):

Standardsprache: "Der Schurke! Der Abscheuliche!"

Wienerisch: Dea Falott, dea nixnutzige!

Hessisch: Der Drecksack, der dreckische!

Was hier abschließend festzustellen bleibt, ist, daß in diesem Punkt beide Übersetzer gute Einfälle hatten und gute Kenntnis des Dialektwortschatzes bewiesen.

4.6 Sprichwörter

Das erste Sprichwort liefert Greulix in 15/2/1:

Standardsprache: "Geduld und Zeit bringen mehr als Gewalt und Streit!"

Wienerisch: Geduld und Zeit bringan mehr wia Gewalt und Streit!

Hessisch: Der Könner tut net fuddele, net knorze und net huddele.

Das nächste Beispiel kann man in der Standardsprache nicht unbedingt als Sprichwort bezeichnen, dafür aber im Hessischen. Es handelt sich um die Unterhaltung der Häuptlinge nach dem Kampf (46/2/2):

Griesgramix: "Soso! Wenn ich recht verstanden hab‘, können wir jetzt abtreten!"

Grobianix: "Du merkst aber auch alles!"

Wienerisch:

Grantschermix: Aha! Wenn i des richtig vasteh, dann kenn ma jetzt einpockn!

Grobianix: Blitzkneissa!

Hessisch:

Hiwwelix: Isch glaab, de Käs is gesse. Gehmer haam.

Driwwelix: Es geht de Mensche wie de Leut.

Auch hier ist wieder zu sehen, daß die Umwandlung des Dialoges in hessische Eigenheiten wesentlich komischer klingt, als die bloße Übersetzung der Standardsprache, wobei bemerkt sei, daß das Wörtchen Blitzkneissa auch ein "schönes" Wiener Wörtchen ist.

4.7 Glossar

Als letzter Vergleichspunkt wurde nun das Glossar ausgewählt, weil ja in diesem die Eigenheiten des jeweiligen Dialektes zu finden sind, die der Leser, der sich nicht im jeweiligen Dialektumfeld befindet, nicht verstehen kann. Es ist sozusagen das kleine Wörterbuch des jeweiligen Dialektes.

Schon bei bloßer Betrachtung der Längen der beiden Glossare fällt auf, daß das Glossar des wienerischen Asterix-Bandes wesentlich länger, ja fast doppelt so lange ist. Man kann also sagen, daß Herr Ostbahn sich sehr viel Mühe gegeben hat, möglichst viele Wien-typische Ausdrücke in den Band einzubauen und daß ihm dies auch gelungen ist. Hier zunächst eine kleine Reihe besonders gelungener:

Wienerisch

Blitzkneissa

Bracholda

Bürschtln

Gfrastsackl

Gspusi

Hiafla

Krewecherl

Ruß

Steiragoi

Tachiniern

Wiffität

Wuggi

Standardsprache

von schneller Auffassungsgabe

Fausthieb

trinken

sehr boshafter Mensch

Liebschaft

Versager

Schwächling

Hering

unnötige Schlappe

sich vor der Arbeit drücken

Schläue

belämmert

Schon diese kleine Auswahl macht deutlich, daß die Übersetzung des Wienerischen unbedingt als gelungen bezeichnet werden muß, bei der Lektüre wird dies natürlich noch deutlicher. Jedoch fällt gerade im Vergleich zum hessischen Asterix auf, daß die Übersetzung trotz der vielen Spezialwörter sehr nahe am Originaltext geblieben ist. Warum der hessische Asterix dennoch wesentlich komischer ist, verbleibt im Folgenden zu klären.

5. Kreative vs. imitative Übersetzung

An dieser Stelle folgt nun für den hessischen Asterix-Band das, was dem Wienerischen völlig fehlt: Anspielungen auf die typische Lebensart der Dialektregion, ebenso Klischees, die Außenstehende von der Dialektregion haben, sowie Orte und Begriffe aus der Dialektregion. Dies alles ist in Hülle und Fülle in hessischen Asterix-Band zu finden.

5.1 Anspielungen auf Klischees/Hessische Lebensart

Das, was als erstes erwartungsgemäß ins Auge sticht, ist der Ebbelwoi. Der Ebbelwoi ist an unzähligen Stellen im Text zu finden, einige seien hier genannt: Hiwwelix spricht zu seinem Sohn: Des Stöffsche von dene ihrm Miraculix iss besser als wie unsern Ebbelwoi.(15/3/3) An anderer Stelle hört man eine Weisheit von Miraculix: Wie sagt schon de heilige Heinz: Grabba uff Ebbelwoi, des lass lieber soi (35/3/2). Der heilige Heinz wird im Glossar mit "Bembelgott, hessische Kultfigur" übersetzt, es darf darauf geschlossen werden, daß hier auf Heinz Schenk angespielt wird, der tatsächlich ein Frankfurter Original ist. Was natürlich beim Stichwort Ebbelwoi nicht fehlen darf, ist der Bembel, daß Gefäß für den Ebbelwoi. So sagt Zenturio Tordeguss: Was e Glück habb isch noch e Bembelsche da.

Nun vom Trinken zum Essen: Eine ganze (im übrigen doppeldeutige) Auswahl hessischer Küche gibt Miraculix, als er im Römerlager sein Menü vorstellt (26/1/2): Erstemal tät isch e Süppsche vorschlage, dann kommt e bisje frische Uffschnitt mit erem Lager-Bier, dann gibbt’s was uff die Rippscher mit Kraut, Kardoffelsalat mit Würschdscher, grie Soss, abschliessend aans uff die Brezzel, un dann bisde ferdisch. Hier scheint es sich um lauter hessische Spezialitäten zu handeln, grie Soss wird im Glossar übrigens mit "Frankfurter Spezialität aus saurer Sahne und einer Kräutermischung" übersetzt. Eine weitere Spezialität stellt Grünix vor, nachdem er auf Greulix gestürzt ist (14/3/2): Isch glaab, isch bin genau in e Dibbe mit Handkäs gefalle. Ein Dibbe ist ein Topf, Handkäs ein stark riechender Käse. Im gallischen Dorf wird Worschtsupp gekocht (11/3/3) und Obelix will einen Fisch gege e schnibbelsche Flaaschworscht eintauschen (11/4/3).

Methusalix verkündet vor dem Essen (11/3/3): Isch geh nur noch schnell uffn Schoppe., was auch typisch hessisch zu sein scheint. Der absolute bekannteste Satz über die Hessen wurde auch in den Band eingebaut, er kommt aus dem Munde der Piraten, als sie Asterix und Co entdecken (42/4/1-3): E’baa’me! Zu spät! Die Gallier komme! Im Original heißt es "Die Hesse komme", im Glossar wird der Satz folgendermaßen übersetzt: "freudiger Ausruf angesichts in Rudeln auftretenden Hessen, Anfang der achtziger Jahre", dies bezieht sich auf einen damaligen Schlager mit dem gleichnamigen Titel.

5.2 Anspielungen auf Frankfurt

Wie schon in Punkt 3 angedeutet hier nun der Beleg für die Behauptung, daß im hessischen Asterix eigentlich Frankfurterisch gesprochen wird. Es finden sich nämlich eine ganze Reihe von Orten und Begriffen aus dem Frankfurter Stadtgebiet und Stadtleben, die nun vorgestellt werden.

Die erste Anspielung findet sich in 7/3/2, in der Standardsprache spricht Driwwelix von "B.A.F.Ö.G.", die Hiwwelix seinen Wählern versprochen hat: "Bürgernahe Amtsschimmel für örtliche Großvorhaben". Auf hessisch lautet der Satz folgendermaßen: Der hat dene sogar Z.E.I.L. versproche: "Ziemlisch Ebbelwoi insich-einei lebbern." Die Zeil ist die größte Einkaufsstraße in Frankfurt. Kurz daruf, in 8/1/1 und 8/2/1 liefern sich Hiwwelix und Driwwelix Wahlkampfreden, in denen folgende Sätze vorkommen: Hiwwelix: Da gibt’s Ebbelwoi, Handkäs un bezahlte Urlaub am Welschesdaach... . Driwwelix: ...Du täts sogar dei Rathaus Römer nenne, wenn de römische Padriziad... . Der Welschesdaach wird im Glossar übersetzt mit "Frankfurter Feiertag am Dienstag nach Pfingsten", das Rathaus in Frankfurt heißt auch tatsächlich "Römer". In 18/3/2 antwortet Greulix auf die Frage, wie er denn ins römische Lager hineinkommem sei, mit Ibber die Hauptwach. Die Hauptwache ist ein große U-Bahn Station in Zentrum Frankfurts, sie liegt an der Zeil. Auf der gleichen Seite, in 18/4/3 wird dann "Cervisia" mit Römer-Pils, einem bekannten Frankfurter Bier übersetzt. Nur eine Seite weiter, in 19/4/2 denkt dann die Wache des Römerlagers, nachdem Greulix an ihr vorbeigelaufen ist: Da richts wie alsemal im Winter in Zeilsheim. Greulix stinkt ja bekanntlich nach Handkäs und in Zeilsheim, was ein Frankfurter Vorort ist, muß es wohl im Winter aufgrund der ansässigen Industrie auch manchmal schlecht riechen. Das Stichwort ansässige Industrie liefert dann auch gleich den nächsten Punkt, denn in 20/1/2 sagt Grünix beim betrachten seines Dorfes von Ferne: Im Sommer habbe mer als Ozonwerte, da kannsde narrisch werde. Ozonwerte sind ja auch tatsächlich ein Problem in Frankfurt, vor allem an heißen Sommertagen. In 21/2/1 sagt ein römischer Legionär während des Marsches zum Dorf hin: Des isses erstemal, des isch uff die Dibbemess geh. Die Dibbemess ist ein alljährliches Volksfest in Frankfurt, es rührt von einem früheren Topfmarkt (Dibbe=Topf) her. Eine bekannte Frankfurter Sehenswürdigkeit bringt der Römer Owenaus in 39/3/1 ins Gespräch, als die Römer in geschrumpftem Zustand durch das hohe Gras laufen: Heilischer Bembel! Isch komm mer vor wie im Palmegadde! Zwei Seiten weiter, in 41/3/1 verbirgt sich in dem Brief von Ferschterlix an Driwwelix schon die nächste Frankfurter Lokalität: Wenn de die Herdda widderhabbe willst, dann bring mer 100 Aureis morge Abend in die B-Ebene. B-Ebene wird im Glossar übersetzt mit "beliebter Treffpunkt im Frankfurter Hauptbahnhof", es könnte sich hier jedoch wiederum um Ironie handeln, da der Frankfurter Hauptbahnhof eher bei Drogenabhängigen beliebt ist. Noch auf der gleichen Seite taucht der Main auf, der durch Frankfurt fließt (41/4/1): ...un de Idefix hat schon was geschnubbert. Unne am Maa. Hier lohnt sich erneut der Blick ins Glossar, denn Maa ist übersetzt mit "breite Abwasserrinne mitten durch Frankfurt", also wieder ein Fall von "doppelter" Komik.

5.3 Anspielungen auf die "Frankfurter Eintracht"

Waren die vorangegangenen Punkte für den Außenstehenden schon schwierig zu durchschauen, so wird es jetzt noch schwieriger. Nun erfordert es Kenntnis von Fußball-Bundesliga-Geschehen und noch dazu aus dem Jahr 1996, denn es geht nun um den Frankfurter Erstliga-Verein Eintracht Frankfurt. Dazu vorab einige Informationen: Die Eintracht stieg im Sommer 1996 unter Trainer "Stepi" Stepanovic von der ersten in die zweite Bundesliga ab, was ein schwarzer Tag für den hessischen Fußball bedeutete. Diese Ereignisse wurden ebenfalls in der hessischen Asterix eingebaut:

Schon auf der ersten Seite im ersten Kästchen wird der Leser mit den genannten Tatsachen konfrontiert: Rund ums Waldstadion isses ruhisch geworde, seit die Eintracht abgestieche iss. Dieser Satz beinhaltet erneut doppelte Komik: Das Dorf wird Waldstadion (Stadion der Frankfurter Eintracht) genannt und die Eintracht im eigentlichen Sinne ist ja tatsächlich in unserem Dörfchen verlorengegangen, es ist ja gespalten. Die nächste Fußball- Anspielung findet sich in 33/2/2: In der Standardsprache lautet der Satz folgendermaßen: "Währenddessen in dem gallischen Dorf...". Im hessischen Asterix steht stattdessen Un im Trainingslager von de Gallier... . Die Gallier befinden sich also nicht im Kriegszustand, sondern im Trainingslager. Vier Seiten später, als die Römer nun das gallische Dorf angreifen, läßt der Zenturio seine Armee nicht in "Gefechtsordnung" antreten, wie es standardsprachlich heißt, sondern er gibt den Befehl: Aatreede in de Viererkett! (37/2/1). Die "Viererkette" ist ein damals noch umstrittene Möglichkeit, die Abwehr einer Fußballmannschaft aufzustellen. In 39/2/2 ruft der Zenturio Lebbe geht weider! aus, ein Satz der eigentlich nichts mit Fußball zu tun hat. Doch schaut man ins Glossar, dann erhält man die Erklärung: "im Sommer 1996 anläßlich des dunkelsten Moments hessischer Fußballgeschichte geprägter Ausspruch", er stammt von dem damaligen Trainer der Eintracht. Das Thema Abstieg schien die Übersetzer des hessischen Asterix wirklich schwer zu beschäftigen, denn in 43/2/3 kommt es schon wieder vor. Während Herbberd und Ferschterlix im Kampf das Piratenschiff demolieren, ruft der Pirat aus: Die mache ja alles gabbudd: Mer steige ab. Und auch gegen Ende des Buches, in 47/4/1 antwortet Miraculix Herbberd auf die Frage, Wie werde mer eusch des jemals danke könne? mit Uffsteige! Ihr müsst widder uffsteige. Abschließend sei noch gesagt, daß die Eintracht selbst auch nochmals Erwähnung findet, denn auf der neuen Brücke über den Graben hängt ein Schild auf dem Brückelsche von de Eintracht zu lesen ist.

6.0 Zusammenfassung

Nach Abschluß der Stoffsammlung soll nun hier die schon eingangs gestellte Frage beantwortet werden: Warum ist der hessische Asterix komischer, also die Übersetzung gelungener als beim wienerischen Asterix? Zunächst zu Punkt 4. In den ausgewählten Kategorien zeigten sich beide Bände gleichwertig, jedoch auch schon hier mit einigen Ausnahmen: Wurden im wienerischen Asterix die Namen und Begriffe nicht oder kaum verändert, so geben die hessischen Namen dem Text gleich eine ganz andere, glaubwürdigere Atmosphäre. Auch im Bereich "Geräuschwörter" wird deutlich, daß die Übersetzer des hessischen Asterix mehr ins Detail gingen, als der des Wienerischen. Im Grunde läuft alles auf einen Punkt hinaus: Was ist kreativ, was imitativ übersetzt. Streng genommen finden sich im wienerischen Asterix kaum Stellen, wo wirklich kreativ übersetzt wurde. Der wienerische Asterix ist eben eine echte Übersetzung, die als solche auch durchaus überzeugt, da der Wiener Dialekt aus dem Munde unser verschrobener Gallier auch authentisch wirkt, die Identifikation mit dem Dialekt also funktioniert. Ein weiterer Punkt, der für den wienerischen Asterix spricht ist sein langes Glossar, an dem sich ablesen läßt, daß der Übesetzer hier wirklich viel Mühe verwendet hat, möglichst viel "original" Wiener Wortschatz einzubauen.

Doch was den hessischen Asterix eben bei weitem witziger macht ist die Kreativität und Frechheit seiner Übersetzung. Eben weil Klischees über die Hessen und hessische bzw. Frankfurter Begriffe "verbaut" wurden wirkt der Dialekt glaubhaft. Das Comic wird durch die oft fast überzogen wirkende Übersetzung oft sogar noch wesentlich witziger als es ohnehin schon ist. Das beste Beispiel hierfür ist die Seite 10 im hessischen Asterix, die einen wirklich komplett anderen Wortlaut als in der Standarsprache hat. Beispiel 10/1/2: In der Standardsprache lautet der Dialog folgendermaßen:

Obelix: Du, Asterix, in unserem kleinen, allen wohlbekannten Dorf herrscht nur Frieden, weil die Römer mit uns schmollen!

Asterix: Nein, Obelix! Die sind nur vorsichtig geworden!

Auf Hessisch:

Obelix: Dass die Wutz aber aach ausgereschnt in unsern Gadde brunse musst.

Asterix: Des hat se jetzt dadevon.

Schon an diesem kleinen Beispiel wird deutlich, wieviel witziger das Comic im Dialekt sein kann und es sind hier noch nicht einmal typische Dinge der Dialektregion vorhanden.

Doch wie schon erläutert gibt es diese ja in großer Anzahl im hessischen Asterix und eben das ist es, was ihn so gut macht. Es ist einfach mehr herausgeholt als beim wienerischen Asterix, man muß auch sagen, daß bei diesem die Möglichkeiten ihn ebenso zu gestalten wie den hessischen, durchaus auch vorhanden gewesen währen.

Allerdings muß auch erwähnt werden, daß es für den Außenstehenden, der keinen Bezug zu der jeweiligen Dialektregion hat, schwierig ist, alle Anspielungen überhaupt zu entdecken, geschweige denn zu verstehen. Man muß schon gute Kenntnisse über Frankfurt und das Frankfurter Stadtleben besitzen um überall dahinterzukommen. Ich könnte mir vorstellen, daß dies allgemein ein Problem der Dialektcomics darstellt: Wer überhaupt keinen Bezug zur jeweiligen Dialektregion hat, dem fällt schon das bloße Lesen schwer.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Beide untersuchten Übersetzungen können als gelungen betrachtet werden, doch ist der Hessische Asterix ungleich komischer als sein Wiener Pendant, weil eben Klischees über die Hessen eingebaut wurden, weil eben so stark Bezug auf Frankfurt genommen wurde und auch gerade weil so oft vom Wortlaut der standardsprachlichen Ausgabe abgewichen wurde. Dies sollten sich künftige Übersetzer zu Herzen nehmen, auch dem vor kurzer Zeit erschienen Fränkischen Asterix hätte dies nicht geschadet, im Gegenteil.

Literaturverzeichnis

Uderzo: Asterix. Der grosse Graben. Stuttgart: Ehapa 1989
Uderzo: Asterix babbelt hessisch I. Hibbe un dribbe. Übbertrage vom Jürgen Leber u. a.. Stuttgart: Ehapa 1998
Uderzo: Asterix redt wienerisch. Da grosse Grobn. Übatrogn von Dr. a. D. Kurt Ostbahn. Stuttgart: Ehapa 1998
Mettke, Heinz: Mittelhochdeutsche Grammatik. Tübingen: Max Niemeyer 1993
Schmidt, Wilhelm: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. Stuttgart: Hirzel 1993


 

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