Corona ...

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Moderator: Comedix

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Comedix
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64082Beitrag Comedix »

Hedonix hat geschrieben: 25. Juli 2020 08:39
Comedix hat geschrieben: 23. Juli 2020 08:53 [...]
Ich setze sehr auf die Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen.
[...]
Das würde ich auch tun, aber der Staat/die Gesellschaft tun es in der Corona-Krise ja gerade nicht. Eigenverantwortung wäre das schwedische Modell (mit allen seinen Schwächen).
Na gut, dann will ich meinen Satz in meinem Sinne ergänzen: Ich setze sehr auf die Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen, die Regeln, die sich als richtig erwiesen haben (Abstand, MNS, Hände waschen), zu befolgen. Wenn ich schon sehe, dass viele Menschen nichts schneller gemacht haben, als wieder in den Urlaub nach Spanien und in die Türkei zu fliegen, dann frage mich ernsthaft, ob sie verstanden haben, was in den letzten 4 Monaten passiert ist und dass die Pandemie noch lange nicht vorbei ist. Die Folgen sehen wir derzeit: Überall ansteigende Infektionszahlen.
Comedix hat geschrieben: 23. Juli 2020 08:53 [...]
Und die Menschheit steht jetzt an einem Punkt, an dem sie entscheiden muss, welchen Weg sie von hier aus gehen will.
[...]
Hedonix hat geschrieben:Da stimme ich dir im Wesentlichen zu. Bis auf den letzten Satz, denn an solchen Scheidepunkten stand die Menschheit schon öfter, im Grunde wird hier nicht das endgültige Schicksal der Welt bestimmt, sondern "nur" der Kurs für die nächsten ca. 100 Jahre vorgegeben.
Das halte ich zu kurzsichtig gedacht. Jeder Scheidepunkt ist ein Knoten, an dem die Entscheidung die folgende Entscheidung beeinflusst, die wiederum nachfolgende Entscheidungen beeinflusst ("Dark" lässt grüßen). In der Regel lassen sich Entscheidungen, die den Kurs für 100 Jahre bestimmen, nur noch sehr schwer oder gar nicht umkehren. Deshalb baut jede Entscheidung auf der vorherigen auf. Hätten wir uns vor 100 Jahren aus damals nachvollziehbaren Gesichtspunkten nicht für den Individualverkehr mit Autos entschieden, müssten wir heute keine Entscheidungen treffen, die sich darauf begründen und unsere Städte würden womöglich lebenswerter sein und nicht durch breite Straßen durchschnitten werden.
Hedonix hat geschrieben:Interessant, dass du das erwähnst. Als Kind der 80er bin ich mit "Next Generation" aufgewachsen und denke genau wie du, dass die von "Captain Picard" gezeigte und vertretene Zukunft erstrebenswert ist. Um so enttäuschter war ich, als bereits in den 90ern die Nachfolgeserien dieses Bild immer mehr kaputt gemacht haben. In Picards Förderation kann es keine "Sektion 31" geben.
Das schließt sich meines Erachtens nicht unbedingt aus, die Sondereinheit könnte es trotzdem geben. Denn selbst in einer idealen Welt wird es immer Menschen und Gemeinschaften geben, die in diesem Ideal kein wünschenswertes Ziel sehen. Ira Steven Behr, der Produzent von DS9, hat auf die Frage, warum es Section 31 gibt, gesagt: "Warum ist die Erde im 24. Jahrhundert ein Paradies? Nun, vielleicht liegt es daran, dass jemand darüber wacht und die bösen Dinge tut, an die niemand denken möchte." Der Mensch wird auch im 24. Jahrhundert nicht nur Gutes im Sinne haben.
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Michael_S.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64085Beitrag Michael_S. »

WeissNix hat geschrieben: 25. Juli 2020 16:01
Michael_S. hat geschrieben: 25. Juli 2020 15:27
WeissNix hat geschrieben: 25. Juli 2020 15:02 Ein Gruß ist aber das erste Zeichen von Respekt
Wenn wir "das erste" durch "ein gut sichtbares" ersetzen, bin ich dabei.
Das erstmögliche bei einer Begegnung, wie ich sie oben beispielhaft skizziert hatte. Können wir uns darauf einigen?
Michael_S. hat geschrieben: 25. Juli 2020 15:27
WeissNix hat geschrieben: 25. Juli 2020 15:02 ein ausbleibender das erste Zeichen von Missachtung!
Diese Interpretation teile ich nicht.
Nun, nochmal zu den Beispielen: [...]
Ich will und werde dir für die von dir beispielhaft skizzierten Fälle gar nicht widersprechen und zwar aus zwei Gründen: Erstens entspricht mein Verhalten im Wartezimmer ohnehin deinen Vorstellungen und in einer Sammelumkleide war ich schon viel zu lange nicht mehr, um überhaupt fundiert mitreden und urteilen zu können. Zweitens hatte ich weiter oben sinngemäß geschrieben, dass ich die grundlegenden Notwendigkeiten nicht mit persönlichen Wünschen übertünchen möchte. Wir sind uns (soweit ich das wahrgenommen habe) einig, dass gegenseitiger Respekt ein wichtiger Baustein einer intakten Gesellschaft ist. Das ist der Aspekt, den ich betonen und festhalten möchte. Diesen Konsens möchte ich insbesondere nicht dadurch infrage stellen, dass wir uns über die genauere Ausgestaltung und Notwendigkeit von Respektsbezeugungen und die Frage, wer wen wann wo und wie grüßen sollte, nicht einig werden können. :-)
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64090Beitrag Hedonix »

WeissNix hat geschrieben: 25. Juli 2020 14:37 [...]
Ich sag ja nicht, dass ein höflicher auch ein besserer Mensch ist, aber dass heute der Umgangston ein derart schroffer ist und die Gesellschaft sich mehr und mehr spaltet, hat seine Wurzeln m.E. im Verlust des gegenseitigen Respekts und dem Aufbrechen alter Gepflogenheiten, die wie das Grüßen zwar floskelhaft erscheinen mögen, aber immerhin deutet es auf einen gemeinsamen Grundkonsens des Zusammenlebens, der m.E. verloren gegangen ist. [...]
Wer so erzogen ist, dass er einen anderen Menschen bei Begegnungen erstmal grüsst, beschimpft ihn nicht gleich oder haut ihm gar in die Fresse! Man sieht es doch an der heutigen Jugend, dass da viel Respekt verlorengegangen ist - nicht nur bei der mit Migrationshintergrund, sondern generell. Und Ihr solltet dabei nicht von Eurer eigenen Montessori- oder Waldorf-Umgebung ausgehen. [...]
Lustig, was du da (bzgl. Waldorf usw.) annimmst - ich kenne tatsächlich niemanden, der so eine Schule besucht hätte. Zur Sache:
Schon die alten Griechen haben herumgejammert, dass die Jugend keine Manieren mehr hätte. Untergegangen ist die Welt trotzdem nicht, und die Menschen haben sich auch nicht alle gegenseitig umgebracht, soweit ich weiß. Und mal von der anderen Seite her betrachtet: In den 1920er Jahren gab es üble Straßenschlachten und Morde usw. zwischen Rechten und Linken, in einer Zeit, in der es sehr wohl üblich war, sich gegenseitig zu grüßen.

Ich glaube, du interpretierst viel zu viel in so eine Banalität wie das Grüßen hinein. Selbst mit Grüßen kann eine Gesellschaft hasserfüllt und menschenfeindlich sein, und selbst ohne entsteht daraus kein meßbarer Schaden. Ich denke, es ist vielmehr so, dass sich Sitten und Manieren im Lauf der Zeit einfach ändern. Mal ein Beispiel:

Viele Leute empfinden es als unhöflich, wenn sie mit jemandem reden und der dabei immer wieder aufs Handy guckt. Eine Untersuchung unter Jugendlichen ergab, dass diese es als unhöflich empfinden, einen Gesprächspartner zu ignorieren, nur weil er nicht in Person vor ihnen steht. Für sie ist der Typ am Handy gleichberechtigt mit dem am Tisch. Ob man diese Ansicht jetzt teilt oder ablehnt, darüber kann man diskutieren (ich halte den "life"-Gesprächspartner für wichtiger), aber man kann nicht behaupten, die Jugendlichen wären unhöflich an sich. Sie interessieren sich sehr wohl für das Thema "Höflichkeit", sie beurteilen nur manche Dinge anders.
WeissNix hat geschrieben: 25. Juli 2020 14:37 [...]
Es ist eine Sache, wenn Dir jemand, der Dich kennt, ins Gesicht sagt, Du seist ein Idiot, als wenn das jemand tut, der Dich gar nicht kennt. [...]
Ich habe noch nie erlebt, dass jemandem von einem völlig Fremden so etwas gesagt wurde - und du?
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64091Beitrag Hedonix »

Michael_S. hat geschrieben: 25. Juli 2020 14:58 [...]
Wenn in einem Dorf mit 1000 Einwohnern 1 Brandstifter und 10 Feuerwehrleute sind, was passiert? Brennt das Dorf ab, weil nicht alle an einem Strang ziehen?
[...]
Die Frage lautet eher: Wenn unter 10 Feuerwehrleuten ein Brandstifter ist, wie oft brennt es dann im Dorf? Und wie viel Vertrauen haben die übrigen Dorfbewohner dann noch in die Feuerwehr? Und - wenn es rauskommt - wie viele neue Feuerwehrleute finden sich unter den Bewohnern?

Ich zitiere mich nochmal selbst:
Es liegt an mir und dir und allen anderen - und da sind auf jeden Fall einige dabei, die den Zusammenhalt lieber sabotieren als ihn zu stärken. Klar kann man sagen, dass der Rest der Gesellschaft da eben stärker sein muss, aber das verlangt eine starke Gesellschaft, und zur Zeit ist unsere Gesellschaft sehr schwach - wirtschaftlich und sozial, nicht erst seit Corona.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64092Beitrag Hedonix »

Comedix hat geschrieben: 25. Juli 2020 18:08 [...] Ich setze sehr auf die Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen, die Regeln, die sich als richtig erwiesen haben (Abstand, MNS, Hände waschen), zu befolgen. Wenn ich schon sehe, dass viele Menschen nichts schneller gemacht haben, als wieder in den Urlaub nach Spanien und in die Türkei zu fliegen, dann frage mich ernsthaft, ob sie verstanden haben, was in den letzten 4 Monaten passiert ist und dass die Pandemie noch lange nicht vorbei ist. Die Folgen sehen wir derzeit: Überall ansteigende Infektionszahlen. [...]
Genau das ist die Folge / der Preis der Eigenverantwortlichkeit, denn auch wenn viele sich dran halten, gibt es immer welche (dumm, egoistisch, gleichgültig...), die es nicht tun. Genau wie bei den "freiwilligen" Versuchen der Industrie oder der Landwirtschaft, mehr Umweltschutz oder bessere Rechte für Arbeiter umzusetzen. Eigenverantwortung hängt zusammen mit Freiwilligkeit, und bei zig Millionen Leuten allein in Deutschland finden sich leicht ein paar Millionen, die nicht freiwillig so handeln. Keine Mehrheit, aber genug für steigende Infaktionszahlen.

Trotzdem setze ich auf die Eigenverantwortlichkeit, und zwar in vollem Bewusstsein, dass die Regeln dann nicht so gut umgesetzt werden wie unter Zwang. Aber diesen lehne ich aus den bereits genannten Gründen ab und meine, dass man mit den Folgen eben leben (oder sterben) muss. Weil ich die Folgen des Zwangs für schlimmer halte (und glaube, dass sie auf lange Sicht noch mehr Opfer fordern würden / werden).

Ergänzender Hinweis: Bei Industrie usw. setze ich nicht auf Eigenverantwortung, weil es hier nicht um Bürger (Menschen mit Menschenrechten) geht, sondern um Unternehmen mit wirtschaftlicher Zielsetzung. Hier ist staatliche Regulation und Kontrolle notwendig. Bei "natürlichen" Personen hingegen halte ich sie trotz der negativen Folgen (hier: Erhöhte Infaktionsraten) für nicht akzeptabel.
Comedix hat geschrieben: 23. Juli 2020 08:53 [...] Jeder Scheidepunkt ist ein Knoten, an dem die Entscheidung die folgende Entscheidung beeinflusst, die wiederum nachfolgende Entscheidungen beeinflusst ("Dark" lässt grüßen). In der Regel lassen sich Entscheidungen, die den Kurs für 100 Jahre bestimmen, nur noch sehr schwer oder gar nicht umkehren. Deshalb baut jede Entscheidung auf der vorherigen auf. Hätten wir uns vor 100 Jahren aus damals nachvollziehbaren Gesichtspunkten nicht für den Individualverkehr mit Autos entschieden, müssten wir heute keine Entscheidungen treffen, die sich darauf begründen und unsere Städte würden womöglich lebenswerter sein und nicht durch breite Straßen durchschnitten werden. [...]
Und hätten sich die Römer vor fast 2000 Jahren nicht dafür entschieden, aus Germanien abzuziehen, wäre die gesamte deutsche Geschichte völlig anders verlaufen. Aber derartig langfristige Folgen hängen von so vielen Variablen ab, dass es unmöglich ist, sie über so lange Zeiträume hinweg voraus zu sehen. Noch im Jahr 1900 glaubten die Stadtplaner, die größte Herausforderung der Zukunft liege darin, wie man das Problem mit dem Pferdemist auf den Straßen löst.
Was ich sagen will, ist, dass Menschen gar nicht fähig sind, für mehr als ca. 100 Jahre voraus zu planen.
Comedix hat geschrieben: 25. Juli 2020 18:08
Hedonix hat geschrieben:Interessant, dass du das erwähnst. Als Kind der 80er bin ich mit "Next Generation" aufgewachsen und denke genau wie du, dass die von "Captain Picard" gezeigte und vertretene Zukunft erstrebenswert ist. Um so enttäuschter war ich, als bereits in den 90ern die Nachfolgeserien dieses Bild immer mehr kaputt gemacht haben. In Picards Förderation kann es keine "Sektion 31" geben.
Das schließt sich meines Erachtens nicht unbedingt aus, die Sondereinheit könnte es trotzdem geben. Denn selbst in einer idealen Welt wird es immer Menschen und Gemeinschaften geben, die in diesem Ideal kein wünschenswertes Ziel sehen. Ira Steven Behr, der Produzent von DS9, hat auf die Frage, warum es Section 31 gibt, gesagt: "Warum ist die Erde im 24. Jahrhundert ein Paradies? Nun, vielleicht liegt es daran, dass jemand darüber wacht und die bösen Dinge tut, an die niemand denken möchte." Der Mensch wird auch im 24. Jahrhundert nicht nur Gutes im Sinne haben.
Denn selbst in einer idealen Welt wird es immer Menschen und Gemeinschaften geben, die in diesem Ideal kein wünschenswertes Ziel sehen.
Ist dass dann noch eine ideale Welt? Oder nur eine Maske, eine Heuchelei, eine Lüge? So wie wir unsere Kleider und unser Essen in sauberen Märkten kaufen und die Fabriken in Bangladesh oder die Zustände in der Massentierhaltung nicht sehen (wollen)? Tatsächlich ist das Konzept der Sektion 31 genau das - wir tun Böses, damit die anderen in der verlogenen Traumvorstellung leben können, sie wären gut. In meinen Augen ist das die absolute Horrorvorstellung. Seitdem kann ich in der Föderation kein Paradies mehr sehen, sondern nur ein weiteres Regime, gar nicht mal so viel anders wie z.B. die Romulaner oder die Cardassianer.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64094Beitrag WeissNix »

Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 13:18 Viele Leute empfinden es als unhöflich, wenn sie mit jemandem reden und der dabei immer wieder aufs Handy guckt. Eine Untersuchung unter Jugendlichen ergab, dass diese es als unhöflich empfinden, einen Gesprächspartner zu ignorieren, nur weil er nicht in Person vor ihnen steht. Für sie ist der Typ am Handy gleichberechtigt mit dem am Tisch.
Und das ist eben nicht mehr der Fall - für viele, nicht nur Jugendliche - hat das Smartphone inzwischen absoluten Vorrang vor dem tatsächlichen Gegenüber. Das ging soweit, dass vor vielen Jahren bereits mein Gegenüber mitten im eigenen Satz verstummt, sein "Ding" aus der Tasche holt, aufs Display glotzt, tippt, wieder glotzt, wieder tippt - und nach ca. 5 Minuten aufblickt und mich fragt: "Wo war ich stehen geblieben?". Ich hab die ganze Zeit nur stumm dagesessen und konnt es nicht fassen, damals war das nämlich noch neu für mich. Inzwischen erleb ich sowas regelmässig.

Und das war(!) eigentlich mal ein guter Freund.
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
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Michael_S.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64098Beitrag Michael_S. »

Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 13:24
Michael_S. hat geschrieben: 25. Juli 2020 14:58 [...]
Wenn in einem Dorf mit 1000 Einwohnern 1 Brandstifter und 10 Feuerwehrleute sind, was passiert? Brennt das Dorf ab, weil nicht alle an einem Strang ziehen?
[...]
Die Frage lautet eher: Wenn unter 10 Feuerwehrleuten ein Brandstifter ist, wie oft brennt es dann im Dorf? Und wie viel Vertrauen haben die übrigen Dorfbewohner dann noch in die Feuerwehr? Und - wenn es rauskommt - wie viele neue Feuerwehrleute finden sich unter den Bewohnern?
Auch bei dieser veränderten Frage bleibe ich optimistisch: Das Dorf wird nicht abbrennen und es wird auch in diesem Dorf weiterhin mehr neue Feuerwehrleute als neue Brandstifter geben.
Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 13:24 Ich zitiere mich nochmal selbst:
Es liegt an mir und dir und allen anderen - und da sind auf jeden Fall einige dabei, die den Zusammenhalt lieber sabotieren als ihn zu stärken. Klar kann man sagen, dass der Rest der Gesellschaft da eben stärker sein muss, aber das verlangt eine starke Gesellschaft, und zur Zeit ist unsere Gesellschaft sehr schwach - wirtschaftlich und sozial, nicht erst seit Corona.
Gerade deshalb ist für mich Aufgeben und Pessimismus keine Option. Davon, dass wir sagen "das wird nix" wird die Gesellschaft definitiv nicht stärker. Und es gab schon wirtschaftlich schlechtere Zeiten mit mehr Seuchen und weniger Sozialstaat - und trotzdem leben wir.

Ich habe Verständnis dafür, dass du dich mit deinem Pessimusmus wohler fühlst, aber ich bleibe trotzdem lieber optimistisch. :-)
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64100Beitrag Hedonix »

WeissNix hat geschrieben: 26. Juli 2020 14:10
Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 13:18 Viele Leute empfinden es als unhöflich, wenn sie mit jemandem reden und der dabei immer wieder aufs Handy guckt. Eine Untersuchung unter Jugendlichen ergab, dass diese es als unhöflich empfinden, einen Gesprächspartner zu ignorieren, nur weil er nicht in Person vor ihnen steht. Für sie ist der Typ am Handy gleichberechtigt mit dem am Tisch.
Und das ist eben nicht mehr der Fall - für viele, nicht nur Jugendliche - hat das Smartphone inzwischen absoluten Vorrang vor dem tatsächlichen Gegenüber. Das ging soweit, dass vor vielen Jahren bereits mein Gegenüber mitten im eigenen Satz verstummt, sein "Ding" aus der Tasche holt, aufs Display glotzt, tippt, wieder glotzt, wieder tippt - und nach ca. 5 Minuten aufblickt und mich fragt: "Wo war ich stehen geblieben?". Ich hab die ganze Zeit nur stumm dagesessen und konnt es nicht fassen, damals war das nämlich noch neu für mich. Inzwischen erleb ich sowas regelmässig.

Und das war(!) eigentlich mal ein guter Freund.
Wenn dich sein Verhalten so gestört hat, wieso hast du dann nichts gesagt sondern nur "stumm dagesessen"? Durch dein Verhalten hast du seines doch gebilligt. Aber deine Geschichte enthüllt etwas Interessantes. Lass mich dazu kurz ausholen:

Als ich selbst ein Jugendlicher war, gab es noch keine Handys, aber ich erinnere mich, dass ich von meinen Eltern mehrfach zurecht gewiesen wurde, wenn ich gerade ein Asterix-Comic las und nicht sofort reagierte, wenn sie etwas von mir wollten. Da hieß es dann, dass die heutige Jugend keine Manieren mehr hätte und nur diese "verdammten Schundhefte" daran Schuld seien.
Wenn ich heute nach meiner alten Mutter (Jahrgang 1948) schaue - sie wohnt nur ein paar Häuser weiter und ich bin mehrmals die Woche dort - darf ich mir bloß nicht erlauben, zur Fernsehzeit zu kommen, denn wenn die Glotze läuft, bin ich Luft für sie. Was immer ich sage, sie winkt nur ungnädig ab und sagt "ja ja", ohne nachher sagen zu können, was ich gesagt hatte.

Ich glaube nicht, dass du, ich oder sonstwer sich einzubilden braucht, dass er oder sie sich anders verhalten hätte als die heutigen Jugendlichen, wenn er/sie damals schon ein Handy gehabt hätte. Wie gesagt, sogar die alten Griechen beschwerten sich schon darüber, dass die Jugend keine Manieren mehr hätte und sich nur mit "Schund" beschäftigen würde. Ich glaube, dass die Jugendlichen heute nicht unhöflicher oder respektloser sind als alle Jugendlichen zu allen Zeiten. Dass es einem so vorkommt, als würde die Jugend unhöflicher, liegt nicht daran, dass es so ist, sondern daran, dass man selbst älter wird und die eigene Definition von Höflichkeit sich zunehmend weniger mit der der Gesellschaft deckt. So unangenehm das manchmal ist, so ist es letztlich doch sogar in gewisser Weise ein Zeichen dafür, dass bestimmte Dinge sich nie ändern und die Welt so gesehen doch auch noch in Ordnung ist.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64102Beitrag WeissNix »

Michael_S. hat geschrieben: 26. Juli 2020 20:10 Auch bei dieser veränderten Frage bleibe ich optimistisch: Das Dorf wird nicht abbrennen und es wird auch in diesem Dorf weiterhin mehr neue Feuerwehrleute als neue Brandstifter geben.
Nicht selten sind Brandstifter unter den Feuerwehrleuten zu finden... 8)
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64103Beitrag WeissNix »

Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 21:57 Wenn dich sein Verhalten so gestört hat, wieso hast du dann nichts gesagt sondern nur "stumm dagesessen"? Durch dein Verhalten hast du seines doch gebilligt. Aber deine Geschichte enthüllt etwas Interessantes.
Wie ich oben erwähnte, war ich erst sprachlos; und als ich wieder Worte fand, hab ich was gesagt, und zwar deutlich.

Und wenn die heutigen Jugendlichen sowas tun, dann, weil Erwachsene wie mein Ex-Kumpel ihnen ein schlechtes Beispiel geben.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64104Beitrag Hedonix »

Michael_S. hat geschrieben: 26. Juli 2020 20:10 [...]
Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 13:24 Ich zitiere mich nochmal selbst:
Es liegt an mir und dir und allen anderen - und da sind auf jeden Fall einige dabei, die den Zusammenhalt lieber sabotieren als ihn zu stärken. Klar kann man sagen, dass der Rest der Gesellschaft da eben stärker sein muss, aber das verlangt eine starke Gesellschaft, und zur Zeit ist unsere Gesellschaft sehr schwach - wirtschaftlich und sozial, nicht erst seit Corona.
Gerade deshalb ist für mich Aufgeben und Pessimismus keine Option. Davon, dass wir sagen "das wird nix" wird die Gesellschaft definitiv nicht stärker. Und es gab schon wirtschaftlich schlechtere Zeiten mit mehr Seuchen und weniger Sozialstaat - und trotzdem leben wir.

Ich habe Verständnis dafür, dass du dich mit deinem Pessimusmus wohler fühlst, aber ich bleibe trotzdem lieber optimistisch. :-)
Ich rede nicht von Aufgeben - der ursprüngliche Zusammenhang war doch der, dass wir ein neues "Wirtschaftswunder" brauchen. Denn um mit diesem Problem fertig zu werden, brauchen wir eine starke Gesellschaft, und eine Wirtschaftskrise schwächt die Gesellschaft. Anstatt sich hinzustellen und davon zu reden, wie wir jetzt alle zusammenhalten sollen usw., müssen wir den Stillstand beenden, der sich schon vor Corona breitgemacht hatte (siehe mein Beispiel mit den Mieten).

@und trotzdem leben wir - ja, tun wir, aber Millionen sind gestorben, und wer überlebte und wer nicht, war reines Glück. Ich habe die Geschichten meiner Großeltern über die 30er und 40er Jahre nicht vergessen (und auch nicht über die 20er als Ursache). Wie Leute "verschwanden", nachdem ein neidischer Nachbar sie angeschwärzt hatte. Wie es im Krieg den Einen erwischte und den Anderen nicht - ohne dass der Eine sich irgendwie anders verhalten hätte als der Andere. Das Selbe ist es doch auch heute überall: Wer im Mittelmeer ertrinkt und wer nicht, ist doch eine Frage von Glück und Pech, genauso wie die Frage, wer im Jemen etwas zu Essen bekommt und wer nicht.

Nichts davon vernichtet die Menscheit, das würden auch der Klimawandel oder ein Atomkrieg nicht schaffen. Aber verdammt viele würden sterben und es wäre reines Glück, wenn ich nicht dazu gehören würde. Da ich mich nicht gerne darauf verlasse, einfach nur Glück zu haben, möchte ich solche Situationen gerne verhindern, wenn ich kann. Und dazu gehört, die Ursachen für Krisen und Konflikte zu bekämpfen, und Armut ist die häufigste Ursache, und die bekämpft man nicht mit "Zusammenhalt", sondern mit Reichtum, und der kommt vom (realen) Wirtschaftswachstum.

Du hast ein paar Seiten weiter vorne gesagt:
Die größere Gefahr als in den tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen sehe ich darin, dass es Gruppen gibt, die aus verschiedenen Gründen die Gesellschaft lieber spalten als den Zusammenhalt zu fördern und dass es zudem Menschen gibt, die gesellschaftlichen Zusammenhalt für einen träumerischen Begriff halten und stattdessen lieber "Jeder kämpft für sich selbst" spielen.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist kein träumerischer Begriff, sondern eine knallharte Folge verschiedener Faktoren. Die Frage, ob die Mehrheit der Gesellschaft ihn will, ist ebenfalls eine Folge, und zwar von den Lebensumständen dieser Gesellschaft. Deshalb führt es zu nichts, den gesellschaftlichen Zusammenhalt selbst/direkt fördern zu wollen - das muss fruchtlos bleiben, wenn es keine Grundlage dafür gibt. Fördert man hingegen die Grundlage, so kommt der Zusammenhalt automatisch zurück.
Du sagtest:
Aber es liegt an dir und mir und allen anderen, ob es wirklich so passiert.
Ja, aber nicht so, wie du scheinbar denkst, denn es ist egal, ob du und ich und andere sich vornehmen, jetzt wieder mehr Zusammenhalt leben zu wollen, sondern daran, ob die Mehrzahl der Menschen einen realen, vernünftigen (knallhart messbaren) Grund dafür hat.
Zum Beispiel der Arabische Frühling, der ja seinen Anfang in Tunesien nahm. Ein Mann zündete sich selbst auf offener Straße an und starb. Warum tat er das - weil er verzweifelt war, das System ließ ihm keine Chance. Es war egal, was er tat, am Ende musste er scheitern. Und viele Augenzeugen erkannten, dass sie in der gleichen Lage waren - wozu eine Gesellschaft erhalten, die einen langsam erwürgt? Da konnte man genauso gut auch sein Leben riskieren in dem Versuch, diese Gesellschaft gewaltsam zu verändern. Wenn wir zu viele Leuten keine Möglichkeiten mehr geben, wird es auch bei uns dahin kommen. Dieser Tag ist natürlich noch fern, aber die Entwicklungen der letzten ca. 10 Jahre gehen jedenfalls alle in diese Richtung und Corona beschleunigt sie noch. Es ist immer noch lange nicht so weit, aber so langsam muss mal was getan werden, und das ist nicht "Zusammenhalt beschwören" (was für eine hilflose Geste!), sondern den realen Wohlstand vergrößern. Die Menschen - auch und gerade die einfachen, weniger gebildeten aus der Unterschicht - müssen realistische Möglichkeiten haben, ihr Leben zu verbessern. Stattdessen wird ihr Leben derzeit schlechter. Wenn wir dieses Problem nicht lösen, werden wir Probleme eines ganz anderen Kalibers bekommen als die Corona-Pandemie, die im schlimmsten Fall (Hochrechnung im März für Deutschland) 1,2 Mio Menschen tötet. Das könnten auch locker 10x so viele werden, wenn wir wegen Corona alles abwürgen und dann die - gesellschaftlichen - Folgen dieses Abwürgens tragen müssen.

Und deshalb stimme ich dir nicht zu - die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind die schlimmsten Folgen, denn die gesellschaftlichen Folgen resultieren direkt aus den wirtschaftlichen, und die potentiellen Opferzahlen sind viel höher als durch die Pandemie selbst. Und deshalb bin ich pessimistisch, weil erhebliche Teile der Welt nichts besseres wissen als einen Lockdown - die Folgen sind ja nicht nur bei uns, sondern in zig Ländern spürbar, und dort teils noch viel heftiger als bei uns, weil die Länder schon vorher ärmer waren oder keine so ausgebauten Sozialsysteme haben. Was nutzt es uns, wenn wir selbst halbwegs gut durchkommen und dafür 20 andere Staaten kollabieren (im Sinn von "radikale Regime errichten"), die dann uns (oder unseren Handel als Grundlage unseres Wohlstandes) bedrohen? Deshalb macht mir der weltweite Lockdown so viel Sorgen, und deshalb bin ich derzeit seeehr pessimistisch im Hinblick auf die Zukunft. Nicht weil mir das Spaß macht oder ich mich gerne in einer Opferrolle suhle, sondern weil hier sehenden Auges ein kapitaler Fehler gegangen wird. Die Pandemie, so schlimm sie ist, ist trotzdem weniger schlimm als ihre Bekämpfung und die einzige Antwort darauf ist ein "wir müssen wieder mehr zusammenhalten"? DAS verstärkt meinen Pessimismus nur noch, denn es heißt übersetzt "wir haben keine Ahnung, was wir tun sollen". Also wird nichts getan, also wird es schlimmer.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64107Beitrag WeissNix »

Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 22:48 Und deshalb stimme ich dir nicht zu - die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind die schlimmsten Folgen...
Falsch.
Die schlimmste Folge wäre der eigene Tod und der naher Angehöriger.
Empathie ist Dir fremd?

Oder meinst, hohe Mortalität wär doch immerhin gut für die Bestattungsbranche?
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64110Beitrag Michael_S. »

Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 22:48 die einzige Antwort darauf ist ein "wir müssen wieder mehr zusammenhalten"? DAS verstärkt meinen Pessimismus nur noch, denn es heißt übersetzt "wir haben keine Ahnung, was wir tun sollen".
Angesichts der Tatsache, dass du wiederholt ein Wirtschaftswunder als Lösung genannt hast und selber sagtest, dass du keine Ahnung hast, woher dieses kommen soll, finde ich diese kritische Auslegung etwas gewagt. ;-)

Aber ich lasse es hiermit gut sein - unsere Argumente liegen auf dem Tisch und abgesehen davon, dass du einen wesentlich stärkeren und zwingenderen kausalen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wohlstand und gesellschaftlichem Zusammenhalt siehst als ich (und du dementsprechend und folgerichtig ein stärkerer Lockdown-Kritiker bist als ich), liegen wir in meinen Augen eher auf derselben Linie, was unsere Sorgen um die Folgen der Corona-Pandemie betrifft.
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Re: Corona ...

Beitrag: # 64111Beitrag Hedonix »

WeissNix hat geschrieben: 27. Juli 2020 01:51
Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 22:48 Und deshalb stimme ich dir nicht zu - die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind die schlimmsten Folgen...
Falsch.
Die schlimmste Folge wäre der eigene Tod und der naher Angehöriger.
Empathie ist Dir fremd?

Oder meinst, hohe Mortalität wär doch immerhin gut für die Bestattungsbranche?
Derartige Bemerkungen kannst du dir sparen, denn es gibt keinen Grund, ausfällig zu werden. Wenn du meinen Text gelesen hättest, dann wüsstest du, warum ich wirtschaftliche Folgen für so schlimm halte - weil ich glaube, dass durch sie noch viel mehr Menschen sterben werden als durch die Pandemie. Die Frage mit der Empathie müsste eher ich dir stellen als du mir, aber ich tue es nicht, weil du hier immer wieder schreibst, dass du gesundheitlich angeschlagen seist und deshalb ein erhöhtes Corona-Risiko hättest. Ob das stimmt, weiß ich natürlich nicht, da ich dich ja nicht kenne, aber ich nehme mal an, dass du kein Hypochonder bist und dass deshalb - für dich persönlich - die Lockdown-Politik besser ist als die von mir geforderte Wirtschaftspolitik*. Du solltest aber gelegentlich daran denken, dass außer dir noch viele andere Menschen auf dieser Welt unterwegs sind, und deren Chance zu sterben ist - meiner Auffassung nach - durch eine fortgesetzte Lockdown-Politik größer als durch die Pandemie. Warum, das habe ich ausführlich geschildert. Diese Argumente kannst du jetzt teilen oder nicht, aber wenn du sie gar nicht erst hören willst, kannst du auch nichts dazu sagen, und wenn das der Fall ist, dann solltest du es auch lieber lassen.
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*Zumindest kurzfristig - wenn über Jahre hinweg eine schlimme Lage aufgebaut wird, stellt sich auch für dich die Frage, wie es weitergehen soll, wenn es überall an Geld fehlt und möglicherweise Krankenkassenleistungen, Rentenbezüge oder Sozialhilfen gekürzt werden (Keine Ahnung, ob/was davon für dich relevant ist, ich habe einfach mal ein paar Sachen aufgezählt, die mir grad so eingefallen sind; die Liste lässt sich fortführen). Aber du hast schon Recht: Wenn du vorher an Corona stirbst, kann dir das dann auch egal sein. Den Überlebenden aber nicht...(@Empathie)

Michael_S. hat geschrieben: 27. Juli 2020 08:32
Hedonix hat geschrieben: 26. Juli 2020 22:48 die einzige Antwort darauf ist ein "wir müssen wieder mehr zusammenhalten"? DAS verstärkt meinen Pessimismus nur noch, denn es heißt übersetzt "wir haben keine Ahnung, was wir tun sollen".
Angesichts der Tatsache, dass du wiederholt ein Wirtschaftswunder als Lösung genannt hast und selber sagtest, dass du keine Ahnung hast, woher dieses kommen soll, finde ich diese kritische Auslegung etwas gewagt. ;-)

Aber ich lasse es hiermit gut sein - unsere Argumente liegen auf dem Tisch und abgesehen davon, dass du einen wesentlich stärkeren und zwingenderen kausalen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wohlstand und gesellschaftlichem Zusammenhalt siehst als ich (und du dementsprechend und folgerichtig ein stärkerer Lockdown-Kritiker bist als ich), liegen wir in meinen Augen eher auf derselben Linie, was unsere Sorgen um die Folgen der Corona-Pandemie betrifft.
Da hast du Recht. Ich entschuldige mich auch für die unklare Formulierung bzgl. des Wirtschaftswunders - ich könnte mir schon vorstellen, wie man zumindest wieder ein Wachstum hinkriegen könnte (ob das dann ein "Wunder" wird, steht auf einem andern Blatt), aber selbst wenn ich Bundeskanzler wäre, könnte ich es nicht bewerkstelligen, denn dazu würde unter Anderem gehören, mit den dauernden Grenzschließungen Schluss zu machen (egal ob jetzt aus Corona- oder wie vor ein paar Jahren aus Migrationsgründen). Aber selbst wenn ich das für Deutschland entscheiden könnte, würden all die anderen Länder, die zu gemacht haben, da ja nicht automatisch folgen, d.h. eine einseitige Grenzöffnung würde gar nichts bringen (siehe Schweden), und so habe ich es gemeint, als ich sagte, dass ich nicht weiß, wo ein Wirtschaftswunder herkommen soll, angesichts der Lockdown-Politik in fast der ganzen westlichen Welt.

Ich stimme dir zu, dass damit so ziemlich alles gesagt ist und dass wir uns einig sind, dass da noch so einiges auf uns zu kommt. Wessen Bedenken jetzt eher über- oder eher unterrtieben sind, wird nur die Zukunft zeigen und ich kann nur nochmal betonen, dass ich hoffe, mit meinen Prognosen falsch zu liegen. Ich bin sicher, dass in diesem Thread wieder darüber geredet wird, wenn die Entwicklung etwas weiter gegangen ist.
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Re: Corona ...

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